NEUES MITGLIED: THERESA HUPP

NEUES MITGLIED: THERESA HUPP

Theresa Hupp ist seit 2020 ein weiteres neues Mitglied bei Barnes Crossing: Sie arbeitet als freischaffende darstellende Künstlerin vornehmlich an den Schnittstellen von Performance, Tanz- und Musiktheater. Sie ist Initiatorin und künstlerische Leitung der kollektiven Kunstkompanien SONDER:SAMMLUNG:en. In diesem Kontext ist sie ein Wechselbalg, der sowohl als Performerin, Choreographin, Regisseurin und Autorin oder einer Kombination derselben in Erscheinung tritt. Hier stellen wir unsere neues Mitglied vor:

Theresa, was inspiriert Dich und wie bindest Du das in Deine künstlerische Arbeit ein?

Künstlerisch inspiriert bin ich grundlegend durch die Performativität des ‚Anderen‘. Der Frage, wie ich mich zeige und wie sich andere mir zeigen je nach Situation der Begegnung. Wie mein Zustand, wie mein Gegenüber mein Verhalten, meine ‚Performance‘ beeinflusst. Die Unterschiede zum Anderen. Die Methoden darin aufzuspüren, diese Beobachtungen in Form zu gießen und zur Disposition zu stellen. Das ist meine Form der Empathie.

Was sind Deine künstlerischen Strategien? 

Ein grundlegendes Prinzip in meinen Arbeiten ist das Etablieren einer flachen Hierarchie und das Öffnen der Disziplinen. Jedes neue Stück ist eine Entwicklung aller involvierten Köpfe und Körper. Das Schöne gerade am spartenübergreifenden Arbeiten ist ja, dass mit den Menschen unterschiedliche Fähigkeiten, Prägungen und Perspektiven zusammenkommen. Diese auf die bestmögliche Art zu nutzen, bedeutet, das Zepter immer wieder herumzureichen und sehr gut hinzuhören, um die Synergien zu finden. Offenheit dafür zu bewahren, welches Mittel der Kunst den Ausdruck tatsächlich befördert. Und dabei „alles“ zuzulassen.

Außerdem: das Prinzip des Diebstahls (nicht zu verwechseln mit dem der Kopie). Ich stehle bei Jim Jarmusch: „Steal from anywhere that resonates with inspiration or fuels your imagination. … Authenticity is invaluable; originality is non-existent.“ – und bei Godard: “It’s not where you take things from – it’s where you take them to.“ 

Eine weitere Strategie ist das Prinzip des Dilletantismus und des „Say the stupid thought and do the stupid thing“. Keine falsche Zurückhaltung an den Tag zu legen, um sich nicht bloßzustellen. 

Und das führt direkt zur nächsten Strategie: Humor – vor allem mit sich selbst. Sich darin ernst zu nehmen, dass man ein totaler Idiot ist. Und ok damit zu sein.

Was brauchst Du zum Arbeiten? 

Gemeinsames Vertrauen in diese Prinzipien, einen Ort, der einen einfach machen lässt, ein bisschen Zeit ohne Druck, großes Denken, kritisches Hinterfragen (in Dosen) und so wenig Egoshooting wie möglich.

Was war eins der schönsten Stücke das Du je gesehen hast und warum?

FC Bergmans „300ELx50ELx30EL“. Wegen seines tragischen Humors, dem wunderbaren Einsatz der Mittel und einer unglaublich eleganten Simplizität der Struktur war das eine der großzügigsten Performances, die ich je gesehen habe. Ein Glücksmoment darin: die großartig einfache Choreographie, ausgeführt von 20 völlig unterschiedlichen Menschen und Körpern, zu einem der schönsten Musikstücke der Welt: Nina Simones „Sinnerman“. 10:21 traumhafte Minuten.

Was bedeutet Barnes Crossing für Dich?

Barnes Crossing bedeutet für mich, in Ruhe, Gelassenheit und mit hoher Aufmerksamkeit in einem Kreationsprozess sein zu können. Als Ort für Entwicklung und Ausarbeitung neuer Stoffe kenne ich in Köln keinen besseren Fleck. Wegen seiner Atmosphäre, dem entgegengebrachten Verständnis für künstlerische Prozesse und aus ganz praktischen Gründen wie viel Platz und guter, professioneller Ausstattung der Räume. Deshalb freut es mich sehr, jetzt Mitglied im Team zu sein, diese Struktur hoffentlich mittragen zu können und mehr in Austausch mit den anderen dort arbeitenden Gruppen zu gehen.

Foto © Eli Roland Sachs

SONDER:SAMMLUNG:2 – MINT CONDITION Trailer Zahl from Theresa Hupp.

NEUES MITGLIED: MANUEL KISTERS

NEUES MITGLIED: MANUEL KISTERS

Manuel, Du bist ab 2020 neu bei Barnes Crossing: was möchtest Du zunächst selbst über dich erzählen?

Manuel Kisters: Hey, mein Name ist Manuel Kisters und bin Tänzer und Choreograph. Beim Rasieren probiere ich vorher immer verschiedene Bartschnitte aus.

Manuel Kisters wurde 1996 in Bensberg geboren. Im Rahmen einer acht-jährigen Multi-disziplinären Kunstausbildung während des Gymnasiums fing er an zu Tanzen. 2012 wirkte er dann zum ersten Mal bei Ilona Paszthy bei einer Tanzproduktion mit. Während und nach dem Abitur erkundete er das Künstlerleben. Daraufhin studierte er Tanz und Choreografie in Arnheim, Niederlande. Seit 2014 produziert er seine eigenen Arbeiten und 2017 gründete er sein Kunstfestival „Smovetalk“. Momentan arbeitet er zwischen Deutschland, Niederlanden, Portugal und Belgien.

Manuel , was bedeutet BC für dich und deine Arbeit ?

Manuel Kisters: „Mitglied zu werden bei BC bedeutet für mich erstmal ankommen, genießen und neue Türen aufstoßen. Obwohl ich schon lange die Leute und den Ort kenne und dort auch performe ist es jetzt anders. Denn direkt nach dem Studium Teil eines etablierten Netzwerkes zu werden freut mich sehr. Einen Ort mit schöner Atmosphäre und netten Leuten zu finden ist selten. Glücklicherweise habe ich hier einen gefunden.“

Meine Arbeit dreht sich viel um Geschichten. Ich möchte Geschichten erleben, erfinden und erzählen. Dazu benutze ich Text, Physical Theatre, Körpersprache, Bilder und Bewegung. Ich arbeite gerne durch den Körper, was dieser produziert, erlebt und teilt. Ich bin dabei sehr beeinflusst von Physical Theatre und Akrobatik. Als Choreograph liegt mir die Frage: „Kann man es lesen?“ sehr am Herzen. Ein Grund wieso BC zu mir passt sind die großen Räume. Ich liebe große Räume.

Manuel, kannst du kurz die Stücke bzw. Performances beschreiben, die du zuletzt bei Barnes Crossing aufgeführt hast?

Manuel Kisters: Im Mai 2019 habe ich im Rahmen des „Smovetalk Festivals“ die Improperformance „Sous la maison volante“ aufgeführt. In der Performance ging es um das Offensichtliche und das Versteckte. „Sous la maison volante“ bedeutet „Unter dem fliegenden Haus“. Es stellt Fragen: Wie kann dieses Haus fliegen? Ist es so leicht wie es aussieht oder erfordert es harte Arbeit? Was braucht es, um diese Fantasie ins Leben zu rufen und was vermeiden wir, um diese Fantasie am Leben zu halten? Die Performance gibt einen Einblick wie sich der Performer fühlt während er sich damit auseinandersetzt.

Du hast dein Festival Smovetalk bei Barnes Crossing angefangen, kannst uns darüber etwas erzählen?

Manuel Kisters: Gerne! Das Smovetalk Festival unterstützt aufstrebende Künstler*innen aus verschiedenen Disziplinen. Wir fokussieren uns dabei auf Künstler*innen, welche am Anfang ihrer Karriere oder im Übergang sind. Es beinhaltet die Sparten Performance/Tanz, Video und Musik. Für die nächste wollen wir auch noch Installationskünstler*innen mit einbeziehen. Bis jetzt hatten wir über mehr als 15 Künstler*innen aus über 8 verschiedenen Ländern. Es fand zum ersten Mal 2017 bei Barnes Crossing statt, darauf folgte eine weitere Edition im Mai 2019 und die nächste ist am 14. und 15. November 2020.

RIERA, SCHWIMMBECK, ROMERO VON BARNES CROSSING STELLEN SICH VOR

RIERA, SCHWIMMBECK, ROMERO VON BARNES CROSSING STELLEN SICH VOR

Hallo Julia, hallo Stefanie, hallo Amanda! Am 15.12.2019 habt ihr im Rahmen der Double Bill Vorstellungen – oder in eurem Fall besser gesagt: Triple Bill! – bei Barnes Crossing gemeinsam einen Abend gestalten. Könnt ihr euch bzw. euer Ensemble bitte kurz vorstellen?

Stefanie Schwimmbeck: Ich arbeite freischaffend als zeitgenössische Tänzerin, Tanzvermittlerin und Choreographin in Köln und München.

Julia Riera: Ich bin Choreografin, Tänzerin und künstlerische Leitung von MIRA, einer interdisziplinär arbeitenden Gruppe.  Seit der Gründung 2009 erarbeitet MIRA Performances, die sich auf die Integration visueller, räumlicher und emotionaler Elemente konzentrieren.

Amanda Romero: Ich bin Amanda, Tänzerin, Performerin und junge Choreografin. Ich komme aus Peru, dort bin ich aufgewachsen. Jetzt wohne ich seit 6 Jahren in Deutschland. Ich suche durch den Tanz und die Performance eine Möglichkeit zu schaffen, Menschen aus akademischen, künstlerischen und aus möglichst vielen sozialen Kreisen zu erreichen und zu verbinden. 

Wie lange seid ihr schon bei Barnes Crossing dabei?

Julia Riera: Seit 7 Jahren.

Stefanie Schwimmbeck: Als Teammitglied bin ich seit 2017 bei Barnes Crossing.

Amanda Romero: Bei Barnes bin ich eigentlich grad in der Kennenlernphase. Finde es spannend zu sehen, wie Barnes funktioniert. 

Welche Bedeutung hat Barnes Crossing für euch und eure Arbeit?

Amanda Romero: Bisher noch nicht viel. Vor einigen Monaten hatte ich die Möglichkeit, einen Performance-Abend der Freien Performance Kultur Köln dort zu veranstalten. Freue mich auf zukünftige Möglichkeiten. 

Stefanie Schwimmbeck: Ich finde es für mich sehr bereichernd, als Tanzschaffende bei Barnes Crossing dabei zu sein. Neben dem Austausch und Netzwerk mit den anderen Künstlern sind natürlich die Proben- und Aufführungsmöglichkeiten im Grünen einfach unschlagbar toll.

Julia Riera: Barnes Crossing ist für mich ein Ort der Ruhe, Freiheit und Kreativität zum Proben und Gestalten. Unser Team dort besteht aus starken und inspirierenden Künstlerinnen, mit denen ich gerne im Austausch stehe.

Bitte beschreibe kurz die Stücke bzw. die Performances, die ihr im Rahmen der Doppelvorstellungen gezeigt habt.

Amanda Romero: Mit meiner Performance setze ich mich mit der Vorstellung einer dystopischen Welt auseinander. Einer Welt nach dem Kollaps der Systeme, in der die Natur vollends ausgebeutet wurde und nur noch einzelne Überlebende eine Erinnerung an die Gesellschaft mit sich tragen. Es ist auch ein performativer Ausdruck von Schmerz und Trauer.

Julia Riera: MIRA8 nimmt den aktuellen Wertewandel und seine Ambivalenzen wie Transformationen in einem Tänzer-Trio näher unter die choreographische Lupe. Wir zeigen eine Preview, die Premiere und weitere Vorstellungen finden im Januar im Rahmen des tanz.tausch-festivals statt. [Anmerkung: Premiere am 18.01.2020 um 20:00h im Rahmen des 8. tanz.tausch – tanz und performance festivals 2020 in St. Gertrud, kirche +kultur, Krefelderstr, 57, 50670 Köln; weitere Vorstellungen 19. Januar 2020 um 18:00h und 24. Januar 2020 um 20:00h]

Stefanie Schwimmbeck: In FALLING INTO SPACE II werde ich zusammen mit der Tänzerin Anika Bendel Ausschnitte aus meine Bewegungsrecherchen von 2019 zeigen.

Bei den Doppel- bzw. Triplevorstellungen haben sich jeweils mehrere BC-Mitglieder für einen Abend zusammengeschlossen. Könnt ihr uns etwas über eure Partner*innen des Double Bill Abends sagen? Ist es eure erste Zusammenarbeit? Gibt es Übereinstimmungen oder besondere/spannende Gegensätze in eurer künstlerischen Arbeit?

Julia Riera: Das weiß ich noch nicht, da ich mit zwei Neuzugängen arbeite, auf deren Arbeit ich mich in erster Linie erstmal freue.

Stefanie Schwimmbeck: Am Sonntag den 15.12. werden MIRA8, Amanda Romero und ich uns einen Abend teilen, das heißt jeder zeigt kurze Arbeiten zwischen 10-30 Minuten. Es wird frisch, kurzweilig und unterhaltsam! Das Gemeinsam bei uns liegt im Verschiedenen: Es gibt einen Ausblick, einen Rückblick und einen Stand der Dinge zu sehen!

Amanda Romero: Es ist das erste Mal, dass ich einen Abend mit den anderen Künstlerinnen teilen werde. Es wird bestimmt spannend und so werde ich auch von Nahem ihre Arbeiten kennenlernen können. 

Gibt es noch etwas anderes, was ihr in diesem Rahmen gerne mitteilen möchtet?

Amanda Romero: Ich bin gespannt, wie meine Arbeit mit den anderen zusammenpasst oder auch nicht. Wie das Publikum reagiert und inwiefern dieser Rahmen meine Performance beeinflusst. 

Vielen Dank für das Interview!

oben: MIRA „MIRA 8_was bleibt“ (c) Anastasia Olfert mitte: Stefanie Schwimmbeck „FALLING INTO SPACE II“ (c) Henrik Kaalund unten: Amanda Romero „Nach dem Ende der Welt…“ (c) Baum

CARLA JORDÃO UND KATHARINA SIM IM INTERVIEW

CARLA JORDÃO UND KATHARINA SIM IM INTERVIEW

Carla und Katharina, bitte stellt euch bzw. eure Ensembles kurz vor.

Katharina Sim: „Mein Name ist Katharina Sim, ich bin Tänzerin und Choreografin. Ich komme aus Österreich und lebe in Köln. Seit 2019 bin ich Mitglied von PARADEISER Productions – einem interdisziplinären Team mit vielen Ideen und Liebe zu Neuem Musiktheater. Zwei Regisseurinnen, ein Musiker, eine Tänzerin. Be prepared!“

Carla Jordão wurde in Portugal geboren und lebt seit ihrem Studium an der Folkwang Universität der Künste in Deutschland. Im Jahr 2015 war sie Preisträgerin beim SoloDuo Festival (Bestes Duo: ‘Drafting Plan’ von und mit Carla Jordão and Stephanie Miracle). Die Tänzerin und Choreografin ist Mitglied des Künstlerteams TANZ MACHT SICHTBAR (Jordão/Geyer/Dörstel).

Carla Jordão: „TANZ MACHT SICHTBAR destilliert immer aus einem bildkünstlerischen Ausgangswerk dessen Essenz und transformiert diese in eine Bewegungsmatrix, eine Art Bewegungs-Partitur, die als gemeinsame Basis für zwei unterschiedliche Choreografien genutzt wird.“

Ihr seid nun seit 2 Jahren Mitglieder bei Barnes Crossing. Welche Bedeutung hat der Verein für euch und eure Arbeit?

Carla Jordão: „Barnes Crossing und sein künstlerisches Team waren wichtige Unterstützer meiner eigenen künstlerischen Arbeit. Es ist für mich als Choreografin und als Performerin ein sehr inspirierender Ort zum Kreieren, Recherchieren und Performen.“

Katharina Sim: „Künstlerisch war ich schon immer eine Grenzgängerin- ich teste gerne meine eigenen und die Grenzen des Publikums. Barnes Crossing gibt mir die Freiheit, genau diese Frage nach „wie weit kann ich gehen?“ auszuloten und unterstützt mich dabei. Ich liebe den Ort und genieße die Inspiration, die von der Umgebung und den Räumen ausgeht. Auch gibt mir BC das Gefühl, keine Einzelkämpferin in der großen Kunstwelt zu sein.“ 

Bitte beschreibt kurz die Stücke bzw. die Performances, die ihr im Rahmen der Doppelvorstellung am 15.12.2019 gemeinsam gezeigt habt.

Katharina Sim: „‘It’s only a Papermoon‘ verbindet Synthesizer-Shizzle mit zeitgenössischem Tanz zu einer Fusion aus elektroakustischem Konzert und Storytelling. Auf der Bühne: zwei Menschen und ein modularer Synthesizer. Ich als Tänzerin und der Soundkünstler Kai Niggemann fragen mit tänzerischen und musikalischen Mitteln nach der fragilen Beziehung von Wahrheit und Wahrnehmung.

Carla Jordão: „ Das Solostück „Needless, Needles“ [im Jahr 2018 ebenfalls nominiert für den Kölner Tanztheaterpreis, Anmerkung] ist der erste Kreationsteil des Formats TANZ MACHT SICHTBAR.“

Bei den Doppel- bzw. Triplevorstellungen haben sich jeweils mehrere BC-Mitglieder für einen Abend zusammengeschlossen. Könnt ihr etwas über eure Partner*innen des Double Bill Abends sagen? Ist es eure erste Zusammenarbeit? Gibt es Übereinstimmungen oder besondere/spannende Gegensätze in eurer künstlerischen Arbeit?

Carla Jordão: „Es ist meine erste Zusammenarbeit mit Katharina Sim. Ab 2020 werden wir gemeinsam im Vorstandsteam bei Barnes Crossing arbeiten. “

Katharina Sim: „Ich schätze Carla Jordão sehr als Künstlerin und Choreografin. Leider hatten wir bisher noch keine Gelegenheit, zusammen zu arbeiten. Daher freue ich mich sehr, dass es beim Double Bill Abend klappt.“ 

Gibt es noch etwas anderes, was ihr in diesem Rahmen gerne mitteilen möchtet?

Katharina Sim: „Ich glaube, dass dieser (und auch die kommende) Double Bill Abende eine großartige Idee und Möglichkeit ist, unterschiedliche Stücke und Ansätze der Kölner Tanz/Theaterszene zu zeigen. Und vor allem die große Vielfalt der Arbeiten der BC Teammitglieder!“

Carla Jordão: „Im Januar bei tanz.tausch und im März bei Barnes Crossing wird das zweite Stück des Formats TANZ MACHT SICHTBAR präsentiert. Diesmal über Marcel Duchamps DAS GROSSE GLAS. Die Braut von ihren Junggesellen entblößt, sogar…“

Vielen Dank für das Interview!

oben: Carla Jordão „Needless, Needles” Bild © Robert Helming unten: PARADEISER Productions “It’s only a Paper Moon” Bild © Ingo Solms

CARLA JORDÃO UND SONIA FRANKEN ÜBER IHRE ARBEITEN

CARLA JORDÃO UND SONIA FRANKEN ÜBER IHRE ARBEITEN

Liebe Sonia, liebe Carla, stellt euch bzw. eure Ensembles bitte kurz vor.

Sonia Franken: Unter dem Label EL CUCO PROJEKT erforsche ich seit 2015 gemeinsam mit dem bildenden Künstler Gonzalo Barahona künstlerisch die widersprüchliche Beziehung von Menschen zur Natur. Wir arbeiten im Bereich Tanz mit unterschiedlichen Repräsentationsformen, wie Tanz, Performance, Maske, Skulptur, Malerei, Miniatur-Modelle, Video und (live)Animation(sfilm). Seit 2017 hat Carla als outside-eye und nun für SCREAM!NG MATTER erstmalig als Performerin mit uns gearbeitet.

Carla Jordão: Ich bin Choreografin und Tänzerin. Das Stück „A universal weakness “ ist in kollaborativer Zusammenarbeit zwischen mir und der Almada Dance Company, die ihren Sitz in Portugal hat, entstanden. Wir haben damit gerade den Kölner Tanztheaterpreis 2019 gewonnen, was mich sehr freut!

Wie lange seid ihr jeweils schon bei Barnes Crossing dabei?

Carla Jordão: Seit 2017. Gerade wurde ich in den Vorstand gewählt.

Sonia Franken: Als Mitglied bin ich seit 2007 dabei, und seit 2 Jahren im Vorstand, neuerdings als Vorstandsvorsitzende.

Welche Bedeutung hat Barnes Crossing für euch und eure Arbeit?

Carla Jordão: Barnes Crossing und das künstlerische Team waren wichtige Unterstützer meiner eigenen künstlerischen Arbeit. Es ist für mich als Choreografin und als Performerin ein sehr inspirierender Ort zum Kreieren, Recherchieren und Performen.

Sonia Franken: Ich habe zu Beginn an diesem Ort die künstlerische Leitung der Jugendprojekte inne gehabt. Dadurch habe ich zum einen meine Vermittlungstätigkeit in einem künstlerischen Feld umgesetzt – zum Anderen habe ich die diversen ästhetischen Arbeiten meiner KollegInnen kennengelernt, dadurch, dass ich sie mit Kindern und Jugendlichen in ihren Proben besucht habe. Ich erfahre hier einen künstlerischen Austausch, aber auch einen solidarischen, kollegialen in der Gruppe. Es gibt natürlich auch Schwierigkeiten in so einer großen Gruppe- im Moment sind wir 14 (!)– wichtig ist, das wir gemeinsam dran bleiben und gemeinsam neue Wege gehen. Künstlerische und strukturelle.

Bitte beschreibt kurz das Stück bzw. die Performance, die ihr zuletzt bei Barnes Crossing gezeigt habt:

Sonia Franken: Aufbauend auf die Duo-Arbeiten der vorangegangenen Arbeiten mit Gonzalo Barahona ist in der neuen choreographischen Reihe SCREAM!NG MATTER erstmals ein größeres Team (u.a. mit Carla Jordao) auf der Bühne zu sehen. Es gibt auch neue Masken: Eidechsenköpfe. Unsere Charaktere sind immer Gestalten zwischen Tier und Mensch, sie besitzen plurale Zustände. Unser Ziel ist eine tänzerische Bewegungssprache zu entwickeln, die Körper in Bewegung generiert, welche zugleich, das Potential einer Gestalt, Figur, Skulptur, Malerei und Cartoon inne haben. Damit schaffen wir Abstand um auf uns Menschen und unser Tun neu schauen zu können. Derzeit sind wir sehr betroffen von der Situation in Chile: Menschen verschwinden wieder, wie zur Zeiten der Pinochet Diktatur, sie werden aus ihren Häusern entführt. Es gibt extreme Polizeigewalt und Folteropfer. Human rights watch versucht vor Ort Beweise zu sichern. Auch sexualisierte Gewalt ist an der Tagesordnung und wird systematisch eingesetzt. Der Unterschied zu den 70er Jahren ist, dass wir alles live mitverfolgen können. Dank der Digitalisierung. Wir versuchen künstlerisch der Frage nachzugehen, was das mit uns macht.

Carla Jordão: „A universal weakness “ beschäftigt sich mit dem Optimierungswahn, der unsere Gesellschaft auf Kurs hält. Ich habe mich für das Stück von den lächelnden Massen in der Malerei des Künstlers Yue Minjun inspirieren lassen. Zwei Tänzer performen 40 Minuten lang mit demselben schablonisierten Gesichtsausdruck – wie drücken sich währenddessen emotionale Stress- und Druckmomente und vermutlich aufkommenden Schmerzmomente im Gesicht und körperlich aus? Welche Stimmung wird entstehen, wenn das Lächeln auf der Bühne zur Norm erhoben wird? Wenn unser unwillkürliches Lächeln auf ein willkürliches, kulturell erzwungenes festgefrorenes Lächeln trifft?

Ihr kennt euch schon länger und habt bereits miteinander gearbeitet. Gibt es Übereinstimmungen oder besondere/spannende Gegensätze in eurer künstlerischen Arbeit?

Carla Jordão: Ich arbeite seit 2017 mit El Cuco Projekt zusammen, das eine künstlerische Arbeit hat, mit der ich mich persönlich stark identifiziere und die mich sehr interessiert. Es ist mir eine Freude, einen Abend mit der Vorschau auf ihr nächstes Werk „Scream!ng Matter“ zu teilen. Ich denke, die Zuschauer werden in beiden Stücken eine Szene finden, die sie in Beziehung setzen können!

Sonia Franken: Ich denke unsere Arbeiten verfolgen recht unterschiedliche ästhetische Ansätze und in dieser Andersartigkeit verbindet uns der starke Fokus auf den Körper, auf Bilder und das Arbeiten mit dem Menschen. In den Proben sprechen wir oft dieselbe Sprache, sehen ähnliche Absurditäten im Alltag und die Tragik oder auch den Humor darin.

Vielen Dank für das Interview!

oben: Carla Jordão „A universal weakness“ und „Needless, Needles” © Alessandro De Matteis, Robert Helming unten: El Cuco Projekt © Julia Franken

NEUZUGANG SASKIA RUDAT

NEUZUGANG SASKIA RUDAT

Saskia, Du bist ab 2020 neu bei Barnes Crossing: was möchtest Du zunächst selbst etwas über dich erzählen?

Saskia Rudat: „Hallo. Ich heiße Saskia Rudat und bin freischaffende Künstlerin im Bereich darstellende Kunst. Ich hänge Socken gern paarweise auf den Wäscheständer, halte zusammenlegen und bügeln allerdings für Zeitverschwendung. Ich esse gern Eierkuchen und warte momentan darauf, reich und berühmt zu werden.“

Saskia Rudat wurde 1991 in Dresden geboren. Nach Schule und FSJ Kultur studierte sie zunächst Psychologie an der Friedrich Schiller Universität Jena. Darauf folgte die Ausbildung zur Performerin, Regisseurin, Choreografin und Autorin im Studiengang „Physical Theatre“ der Folkwang Universität der Künste Essen. Seit 2014 arbeitet sie mit Ivo Schneider im SÄCHSISCHE SCHWEIZ kollektiv und seit 2017 ist sie Gründungs- und Vorstandsmitglied des Physical Theatre Netzwerk.

Saskia, was bedeutet BC für dich und deine Arbeit?

Saskia Rudat: „Offiziell bin ich fast noch gar nicht dabei. Erst ab 2020. Ich habe allerdings einige Male bei Barnes gearbeitet und freue mich, Mitglied zu werden. 

Es ist ein Ort in meiner Heimatstadt, an dem ich mich wohl fühle und inspiriert bin. Solche Orte sind für mein künstlerischen Schaffen extrem wichtig, denn Kreativität braucht Zeit und Raum.“

Saskia Rudats künstlerische Fähigkeiten und Interessen reichen von Musik, Text, Regie und Schauspiel über Masken-, Puppen- und Objekttheater hin zu Performance Art, Tanz und Akrobatik. Im Fokus ihrer Arbeiten steht dabei das gemeinsame Theatererlebnis von Performer und Zuschauer: das Teilen von Emotionen, Geschichten, Bildern und Momenten über die Grenzen der Sprache hinaus. In ihren choreografischen Arbeiten interessiert sie sich vor allem für die Grenzen von Tanz und Theater; für Rhythmik und Gegensätze sowie für eine persönliche und gleichzeitig clowneske Performer- Haltung.

Saskia, kannst du kurz die Stücke bzw. Performances beschreiben, die du zuletzt bei Barnes Crossing präsentiert hast?

Saskia Rudat: „Ich habe beide meine Kurzstücke „close up“ und „brainjogging“ gezeigt. Beide Stücke begleiten mich schon einige Jahre und schaffen es immer wieder auch internationales Publikum zu berühren. Das Stück „close up“ ist persönlich, ein bisschen witzig, ruhig und emotional. „Brainjogging“ ist dagegen schnell und bunt. 

Mit „brainjogging“ habe ich sogar einige Preise gewonnen [Anmerkung: Für ihr Solo ‚brainjogging‘ wurde sie 2017 bei Barnes Crossing durch das Internationale Tanzfestival SoloDuo NRW&Friends mit dem Preis ‚beste Performerin‘ ausgezeichnet]. Oft lachen die Leute sehr viel doch es hat auch einige sehr dunkle Momente. Es ist schwer zu beschreiben. Sie müssen es sehen!

Das Stück „close up“ ist persönlich, ein bisschen witzig, ruhig und emotional.“ 

Bei den Doppel- bzw. Triplevorstellungen kurz vor Weihnachten haben sich jeweils mehrere BC-Mitglieder für einen Abend zusammengeschlossen. Kannst du uns etwas über deine Partner*innen des Double Bill Abends sagen? Gibt es Übereinstimmungen oder besondere/spannende Gegensätze in eurer künstlerischen Arbeit?

Saskia Rudat: „Ich freue mich, gemeinsam mit Ilona Pászthy [am 13.12.19] und El Cuco [am 21.12.19] auf die Bühne zu gehen. Ilona habe ich das erste Mal 2017 beim SoloDuo Festival in Barnes kennen gelernt. Ich glaube, sie ist eine sehr engagierte und sensible Künstlerin. Von meinem Gefühl können unsere Arbeiten gut zusammenpassen.

El Cuco Projekt kenne ich schon länger von einigen Festivals. Mit meiner Gruppe SÄCHSISCHE SCHWEIZ kollektiv haben wir auch ein „Tierstück“ und wurden schon mehrfach auf denselben Festivals programmiert. Ich denke die Doppelvorstellung „brainjogging“ und „Acts of Politeness“ wird eine schöne Ladung Phantasie und subtiler Humor.“

Gibt es noch etwas anderes, was du in diesem Rahmen gerne mitteilen möchtest?

Saskia Rudat: „Ja: Kommt gucken! Der Ort ist schön. Wir brauchen alle weniger Bildschirm und mehr echte Erlebnisse.“

Vielen Dank für das Interview!