CARLA JORDÃO UND KATHARINA SIM IM INTERVIEW

CARLA JORDÃO UND KATHARINA SIM IM INTERVIEW

Carla und Katharina, bitte stellt euch bzw. eure Ensembles kurz vor.

Katharina Sim: „Mein Name ist Katharina Sim, ich bin Tänzerin und Choreografin. Ich komme aus Österreich und lebe in Köln. Seit 2019 bin ich Mitglied von PARADEISER Productions – einem interdisziplinären Team mit vielen Ideen und Liebe zu Neuem Musiktheater. Zwei Regisseurinnen, ein Musiker, eine Tänzerin. Be prepared!“

Carla Jordão wurde in Portugal geboren und lebt seit ihrem Studium an der Folkwang Universität der Künste in Deutschland. Im Jahr 2015 war sie Preisträgerin beim SoloDuo Festival (Bestes Duo: ‘Drafting Plan’ von und mit Carla Jordão and Stephanie Miracle). Die Tänzerin und Choreografin ist Mitglied des Künstlerteams TANZ MACHT SICHTBAR (Jordão/Geyer/Dörstel).

Carla Jordão: „TANZ MACHT SICHTBAR destilliert immer aus einem bildkünstlerischen Ausgangswerk dessen Essenz und transformiert diese in eine Bewegungsmatrix, eine Art Bewegungs-Partitur, die als gemeinsame Basis für zwei unterschiedliche Choreografien genutzt wird.“

Ihr seid nun seit 2 Jahren Mitglieder bei Barnes Crossing. Welche Bedeutung hat der Verein für euch und eure Arbeit?

Carla Jordão: „Barnes Crossing und sein künstlerisches Team waren wichtige Unterstützer meiner eigenen künstlerischen Arbeit. Es ist für mich als Choreografin und als Performerin ein sehr inspirierender Ort zum Kreieren, Recherchieren und Performen.“

Katharina Sim: „Künstlerisch war ich schon immer eine Grenzgängerin- ich teste gerne meine eigenen und die Grenzen des Publikums. Barnes Crossing gibt mir die Freiheit, genau diese Frage nach „wie weit kann ich gehen?“ auszuloten und unterstützt mich dabei. Ich liebe den Ort und genieße die Inspiration, die von der Umgebung und den Räumen ausgeht. Auch gibt mir BC das Gefühl, keine Einzelkämpferin in der großen Kunstwelt zu sein.“ 

Bitte beschreibt kurz die Stücke bzw. die Performances, die ihr im Rahmen der Doppelvorstellung am 15.12.2019 gemeinsam gezeigt habt.

Katharina Sim: „‘It’s only a Papermoon‘ verbindet Synthesizer-Shizzle mit zeitgenössischem Tanz zu einer Fusion aus elektroakustischem Konzert und Storytelling. Auf der Bühne: zwei Menschen und ein modularer Synthesizer. Ich als Tänzerin und der Soundkünstler Kai Niggemann fragen mit tänzerischen und musikalischen Mitteln nach der fragilen Beziehung von Wahrheit und Wahrnehmung.

Carla Jordão: „ Das Solostück „Needless, Needles“ [im Jahr 2018 ebenfalls nominiert für den Kölner Tanztheaterpreis, Anmerkung] ist der erste Kreationsteil des Formats TANZ MACHT SICHTBAR.“

Bei den Doppel- bzw. Triplevorstellungen haben sich jeweils mehrere BC-Mitglieder für einen Abend zusammengeschlossen. Könnt ihr etwas über eure Partner*innen des Double Bill Abends sagen? Ist es eure erste Zusammenarbeit? Gibt es Übereinstimmungen oder besondere/spannende Gegensätze in eurer künstlerischen Arbeit?

Carla Jordão: „Es ist meine erste Zusammenarbeit mit Katharina Sim. Ab 2020 werden wir gemeinsam im Vorstandsteam bei Barnes Crossing arbeiten. “

Katharina Sim: „Ich schätze Carla Jordão sehr als Künstlerin und Choreografin. Leider hatten wir bisher noch keine Gelegenheit, zusammen zu arbeiten. Daher freue ich mich sehr, dass es beim Double Bill Abend klappt.“ 

Gibt es noch etwas anderes, was ihr in diesem Rahmen gerne mitteilen möchtet?

Katharina Sim: „Ich glaube, dass dieser (und auch die kommende) Double Bill Abende eine großartige Idee und Möglichkeit ist, unterschiedliche Stücke und Ansätze der Kölner Tanz/Theaterszene zu zeigen. Und vor allem die große Vielfalt der Arbeiten der BC Teammitglieder!“

Carla Jordão: „Im Januar bei tanz.tausch und im März bei Barnes Crossing wird das zweite Stück des Formats TANZ MACHT SICHTBAR präsentiert. Diesmal über Marcel Duchamps DAS GROSSE GLAS. Die Braut von ihren Junggesellen entblößt, sogar…“

Vielen Dank für das Interview!

oben: Carla Jordão „Needless, Needles” Bild © Robert Helming unten: PARADEISER Productions “It’s only a Paper Moon” Bild © Ingo Solms

CARLA JORDÃO UND SONIA FRANKEN ÜBER IHRE ARBEITEN

CARLA JORDÃO UND SONIA FRANKEN ÜBER IHRE ARBEITEN

Liebe Sonia, liebe Carla, stellt euch bzw. eure Ensembles bitte kurz vor.

Sonia Franken: Unter dem Label EL CUCO PROJEKT erforsche ich seit 2015 gemeinsam mit dem bildenden Künstler Gonzalo Barahona künstlerisch die widersprüchliche Beziehung von Menschen zur Natur. Wir arbeiten im Bereich Tanz mit unterschiedlichen Repräsentationsformen, wie Tanz, Performance, Maske, Skulptur, Malerei, Miniatur-Modelle, Video und (live)Animation(sfilm). Seit 2017 hat Carla als outside-eye und nun für SCREAM!NG MATTER erstmalig als Performerin mit uns gearbeitet.

Carla Jordão: Ich bin Choreografin und Tänzerin. Das Stück „A universal weakness “ ist in kollaborativer Zusammenarbeit zwischen mir und der Almada Dance Company, die ihren Sitz in Portugal hat, entstanden. Wir haben damit gerade den Kölner Tanztheaterpreis 2019 gewonnen, was mich sehr freut!

Wie lange seid ihr jeweils schon bei Barnes Crossing dabei?

Carla Jordão: Seit 2017. Gerade wurde ich in den Vorstand gewählt.

Sonia Franken: Als Mitglied bin ich seit 2007 dabei, und seit 2 Jahren im Vorstand, neuerdings als Vorstandsvorsitzende.

Welche Bedeutung hat Barnes Crossing für euch und eure Arbeit?

Carla Jordão: Barnes Crossing und das künstlerische Team waren wichtige Unterstützer meiner eigenen künstlerischen Arbeit. Es ist für mich als Choreografin und als Performerin ein sehr inspirierender Ort zum Kreieren, Recherchieren und Performen.

Sonia Franken: Ich habe zu Beginn an diesem Ort die künstlerische Leitung der Jugendprojekte inne gehabt. Dadurch habe ich zum einen meine Vermittlungstätigkeit in einem künstlerischen Feld umgesetzt – zum Anderen habe ich die diversen ästhetischen Arbeiten meiner KollegInnen kennengelernt, dadurch, dass ich sie mit Kindern und Jugendlichen in ihren Proben besucht habe. Ich erfahre hier einen künstlerischen Austausch, aber auch einen solidarischen, kollegialen in der Gruppe. Es gibt natürlich auch Schwierigkeiten in so einer großen Gruppe- im Moment sind wir 14 (!)– wichtig ist, das wir gemeinsam dran bleiben und gemeinsam neue Wege gehen. Künstlerische und strukturelle.

Bitte beschreibt kurz das Stück bzw. die Performance, die ihr zuletzt bei Barnes Crossing gezeigt habt:

Sonia Franken: Aufbauend auf die Duo-Arbeiten der vorangegangenen Arbeiten mit Gonzalo Barahona ist in der neuen choreographischen Reihe SCREAM!NG MATTER erstmals ein größeres Team (u.a. mit Carla Jordao) auf der Bühne zu sehen. Es gibt auch neue Masken: Eidechsenköpfe. Unsere Charaktere sind immer Gestalten zwischen Tier und Mensch, sie besitzen plurale Zustände. Unser Ziel ist eine tänzerische Bewegungssprache zu entwickeln, die Körper in Bewegung generiert, welche zugleich, das Potential einer Gestalt, Figur, Skulptur, Malerei und Cartoon inne haben. Damit schaffen wir Abstand um auf uns Menschen und unser Tun neu schauen zu können. Derzeit sind wir sehr betroffen von der Situation in Chile: Menschen verschwinden wieder, wie zur Zeiten der Pinochet Diktatur, sie werden aus ihren Häusern entführt. Es gibt extreme Polizeigewalt und Folteropfer. Human rights watch versucht vor Ort Beweise zu sichern. Auch sexualisierte Gewalt ist an der Tagesordnung und wird systematisch eingesetzt. Der Unterschied zu den 70er Jahren ist, dass wir alles live mitverfolgen können. Dank der Digitalisierung. Wir versuchen künstlerisch der Frage nachzugehen, was das mit uns macht.

Carla Jordão: „A universal weakness “ beschäftigt sich mit dem Optimierungswahn, der unsere Gesellschaft auf Kurs hält. Ich habe mich für das Stück von den lächelnden Massen in der Malerei des Künstlers Yue Minjun inspirieren lassen. Zwei Tänzer performen 40 Minuten lang mit demselben schablonisierten Gesichtsausdruck – wie drücken sich währenddessen emotionale Stress- und Druckmomente und vermutlich aufkommenden Schmerzmomente im Gesicht und körperlich aus? Welche Stimmung wird entstehen, wenn das Lächeln auf der Bühne zur Norm erhoben wird? Wenn unser unwillkürliches Lächeln auf ein willkürliches, kulturell erzwungenes festgefrorenes Lächeln trifft?

Ihr kennt euch schon länger und habt bereits miteinander gearbeitet. Gibt es Übereinstimmungen oder besondere/spannende Gegensätze in eurer künstlerischen Arbeit?

Carla Jordão: Ich arbeite seit 2017 mit El Cuco Projekt zusammen, das eine künstlerische Arbeit hat, mit der ich mich persönlich stark identifiziere und die mich sehr interessiert. Es ist mir eine Freude, einen Abend mit der Vorschau auf ihr nächstes Werk „Scream!ng Matter“ zu teilen. Ich denke, die Zuschauer werden in beiden Stücken eine Szene finden, die sie in Beziehung setzen können!

Sonia Franken: Ich denke unsere Arbeiten verfolgen recht unterschiedliche ästhetische Ansätze und in dieser Andersartigkeit verbindet uns der starke Fokus auf den Körper, auf Bilder und das Arbeiten mit dem Menschen. In den Proben sprechen wir oft dieselbe Sprache, sehen ähnliche Absurditäten im Alltag und die Tragik oder auch den Humor darin.

Vielen Dank für das Interview!

oben: Carla Jordão „A universal weakness“ und „Needless, Needles” © Alessandro De Matteis, Robert Helming unten: El Cuco Projekt © Julia Franken

NEUZUGANG SASKIA RUDAT

NEUZUGANG SASKIA RUDAT

Saskia, Du bist ab 2020 neu bei Barnes Crossing: was möchtest Du zunächst selbst etwas über dich erzählen?

Saskia Rudat: „Hallo. Ich heiße Saskia Rudat und bin freischaffende Künstlerin im Bereich darstellende Kunst. Ich hänge Socken gern paarweise auf den Wäscheständer, halte zusammenlegen und bügeln allerdings für Zeitverschwendung. Ich esse gern Eierkuchen und warte momentan darauf, reich und berühmt zu werden.“

Saskia Rudat wurde 1991 in Dresden geboren. Nach Schule und FSJ Kultur studierte sie zunächst Psychologie an der Friedrich Schiller Universität Jena. Darauf folgte die Ausbildung zur Performerin, Regisseurin, Choreografin und Autorin im Studiengang „Physical Theatre“ der Folkwang Universität der Künste Essen. Seit 2014 arbeitet sie mit Ivo Schneider im SÄCHSISCHE SCHWEIZ kollektiv und seit 2017 ist sie Gründungs- und Vorstandsmitglied des Physical Theatre Netzwerk.

Saskia, was bedeutet BC für dich und deine Arbeit?

Saskia Rudat: „Offiziell bin ich fast noch gar nicht dabei. Erst ab 2020. Ich habe allerdings einige Male bei Barnes gearbeitet und freue mich, Mitglied zu werden. 

Es ist ein Ort in meiner Heimatstadt, an dem ich mich wohl fühle und inspiriert bin. Solche Orte sind für mein künstlerischen Schaffen extrem wichtig, denn Kreativität braucht Zeit und Raum.“

Saskia Rudats künstlerische Fähigkeiten und Interessen reichen von Musik, Text, Regie und Schauspiel über Masken-, Puppen- und Objekttheater hin zu Performance Art, Tanz und Akrobatik. Im Fokus ihrer Arbeiten steht dabei das gemeinsame Theatererlebnis von Performer und Zuschauer: das Teilen von Emotionen, Geschichten, Bildern und Momenten über die Grenzen der Sprache hinaus. In ihren choreografischen Arbeiten interessiert sie sich vor allem für die Grenzen von Tanz und Theater; für Rhythmik und Gegensätze sowie für eine persönliche und gleichzeitig clowneske Performer- Haltung.

Saskia, kannst du kurz die Stücke bzw. Performances beschreiben, die du zuletzt bei Barnes Crossing präsentiert hast?

Saskia Rudat: „Ich habe beide meine Kurzstücke „close up“ und „brainjogging“ gezeigt. Beide Stücke begleiten mich schon einige Jahre und schaffen es immer wieder auch internationales Publikum zu berühren. Das Stück „close up“ ist persönlich, ein bisschen witzig, ruhig und emotional. „Brainjogging“ ist dagegen schnell und bunt. 

Mit „brainjogging“ habe ich sogar einige Preise gewonnen [Anmerkung: Für ihr Solo ‚brainjogging‘ wurde sie 2017 bei Barnes Crossing durch das Internationale Tanzfestival SoloDuo NRW&Friends mit dem Preis ‚beste Performerin‘ ausgezeichnet]. Oft lachen die Leute sehr viel doch es hat auch einige sehr dunkle Momente. Es ist schwer zu beschreiben. Sie müssen es sehen!

Das Stück „close up“ ist persönlich, ein bisschen witzig, ruhig und emotional.“ 

Bei den Doppel- bzw. Triplevorstellungen kurz vor Weihnachten haben sich jeweils mehrere BC-Mitglieder für einen Abend zusammengeschlossen. Kannst du uns etwas über deine Partner*innen des Double Bill Abends sagen? Gibt es Übereinstimmungen oder besondere/spannende Gegensätze in eurer künstlerischen Arbeit?

Saskia Rudat: „Ich freue mich, gemeinsam mit Ilona Pászthy [am 13.12.19] und El Cuco [am 21.12.19] auf die Bühne zu gehen. Ilona habe ich das erste Mal 2017 beim SoloDuo Festival in Barnes kennen gelernt. Ich glaube, sie ist eine sehr engagierte und sensible Künstlerin. Von meinem Gefühl können unsere Arbeiten gut zusammenpassen.

El Cuco Projekt kenne ich schon länger von einigen Festivals. Mit meiner Gruppe SÄCHSISCHE SCHWEIZ kollektiv haben wir auch ein „Tierstück“ und wurden schon mehrfach auf denselben Festivals programmiert. Ich denke die Doppelvorstellung „brainjogging“ und „Acts of Politeness“ wird eine schöne Ladung Phantasie und subtiler Humor.“

Gibt es noch etwas anderes, was du in diesem Rahmen gerne mitteilen möchtest?

Saskia Rudat: „Ja: Kommt gucken! Der Ort ist schön. Wir brauchen alle weniger Bildschirm und mehr echte Erlebnisse.“

Vielen Dank für das Interview!